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...wenn Engel fliegen lernen


30.03.2020 - es war ein Tag wie jeder andere und doch ganz anders.


Alles fing am Samstagmorgen an. Der 28. März startete wie viele Tage. Meine kleine Tochter war mal wieder vor allen anderen wach und sorgte auch dafür, dass die Nacht für Papa und Mami bereits um 6 Uhr zu Ende war. Ein neuer Tag im neuen Haus. Neuer Tag, gewohnte Routine. Wir sind erst am 14. Februar in unser neues Haus eingezogen und auch unser Fitch schien sich sehr wohl zu fühlen. Ständig lag er vor den bodentiefen Fenstern und genoss die Sonne. Auch war das Stalken der Nachbarskatze eine nette Abwechslung – seine Nasenabdrücke sind noch an den Fenstern – ich konnte sie noch nicht wegwischen. Nachdem das Kind versorgt war und der Kaffee in der Maschine kochte, habe ich für unseren Fitch Frühstück gemacht. Wie jeden Tag. Wie gewohnt stand unser Liebling als Letzter auf. Wir scherzten oft, dass ein alter Mann nun mal etwas länger zum Aufstehen brauche, aber er tapste, wie gewohnt geräuschvoll die Treppe runter und kam in die Küche um sein Frühstück zu genießen. Erst das Nassfutter rausnaschen und dann vielleicht das Trockenfutter probieren, aber nicht zu viel, ein bisschen Platz muss noch bleiben, damit der hungrige Blick am Frühstückstisch auch authentisch ist. Doch heute war etwas anders – ich spürte es und mir verkrampfte es sofort den Magen. Dieses Gefühl, tief in mir, kam mir viel zu bekannt vor, doch wahrhaben wollte ich es nicht. Als er in die Küche kam, war sein Bauch ungewohnt aufgebläht und fest. Ich tastete in Ihn vorsichtig ab – doch er schien keine Schmerzen zu haben. Mein Herz wurde etwas leichter, doch es wollte keine Ruhe geben. Da der feste Bauch auch nach einer langen Gassirunde nicht besser wurde, habe ich ihn kurzerhand geschnappt und bin zum nächsten Tierarzt gefahren. COVID-19 machte mein Vorhaben nicht unbedingt leichter, aber der dritte Tierarzt hatte geöffnet und erwartete uns ohne Wartezeit. Das schwere Gefühl in meinem Herzen war wieder da. Ich kannte es noch aus Juli 2018 als meine Luni gehen musste und auch im Mai 2019 ereilte mich dieses Gefühl, als mein Bruder mich früh morgens um Vier anrief um mir mittzuteilen, dass ein Notarzt gerade versucht unseren Opi das Leben zu retten – leider ohne Erfolg. Dieses Gefühl, saß mit uns im Wartezimmer und es erdrückte mich regelrecht. Als wir aufgerufen wurden, erkläre mir eine junge Tierärztin, dass mein Fitch nichts Ernstes hat. Gerade ist ein Hunde-Magen-Darm- Virus im Umlauf und nach zwei Spritzen (Entgasung & Schmerzmittel) und verschiedensten Tabletten, sollte es bis Montag wieder gut sein. Der Stein, der mir vom Herzen fiel, muss in ganz Franken zu hören gewesen sein. Mit einem Lächeln und einen gutgelaunten Hund kam ich wieder heim. Unser Sonntag war wie immer. Aufstehen, Frühstück, Gassirunde. Kuschelzeit, Spielen, Mittagessen. Pause. Gassirunde, Spielen usw.. Ein schöner Tag. Unser letzter schöner Tag zu Viert. Am Montag stand die vereinbarte Kontrolle beim Tierarzt an. Pünktlich, war ich beim Tierarzt, denn an dem dicken Bauch hatte sich nichts geändert. Meiner Tierärztin stand große Ratlosigkeit in den Augen. Als ich um ein Röntgenbild bat, wurde ich noch belächelt und es wurde davon abgeraten. Nach sehr viel Bitte Bitte wurde nun das Bild gemacht – eine verschämte Tierärztin trat in den Raum zurück – um mir mittzuteilen, dass sich im Bauch von Fitch kein Gas, sondern Flüssigkeit befindet und auch seine Lunge nicht gut aussehen würde. Wahrscheinlich ist sein Herz so schwach, dass sich Wasser in der Lunge gebildet hat. Aus Meiner Erfahrung heraus, erstmal kein Todesurteil. Sie hat mir dann zahlreiche Tests angeboten und auf Laborzeiten verwiesen – an diesem Punkt bin ich dann geistig ausgestiegen, dass sie ihm noch eine Spritze zur Entwässerung verpasste ging somit an mir vorbei, da ich mit nassen Augen meinen kleinen Hund betrachtete. Ich wollte es genauer wissen, und hatte auch das Vertrauen in die Praxis verloren. Ich bat Sie das Röntgenbild und ihren Befund per Mail an die Tierklinik am Hafen Nürnberg zu senden und verabschiedete mich von dem Team. Draußen im Auto rief ich meinen Mann an und schilderte die Situation. Ich versuchte ihm mittzuteilen, dass die Möglichkeit besteht, dass ich ohne Ihn wieder heimkommen werde. Dieses Gefühl war einfach da und ich konnte es nicht abschütteln. Also trafen wir uns - alle vier nochmal auf einen Parkplatz. Wir machten noch Fotos und kuschelten noch eine Weile. Dann lies ich meine Tochter und meinen Mann zurück und eilte in die Tierklinik. Während der Fahrt, bemerkte ich im Rückspiegel, dass Fitch zitterte – dann viel mir die Spritze der Tierärztin ein. Ich versprach ihm, dass er gleich Pee machen darf, denn die Klinik war noch 350 Meter entfernt. Auf dem Parkplatz musste der kleine Mann dann erstmal drei Minuten pullern. Noch einmal tief durchatmen und dann in die Klinik. Auch hier hatte COVID-19 seine Spuren hinterlassen. Mit einem Piepser standen wir dann auf dem Parkplatz und warteten, bis wir endlich dran waren. Eine, wie es mir erschien, erfahrende Tierärztin schallte Fitch. Was zu vor in dem Behandlungsraum passierte, versuche ich aus meinem Gedächtnis zu verdrängen, doch genau DAS lässt mich seit 13 Tagen nicht mehr schlafen. Eine Assistentin bat mich einen Maulkorb anzulegen. Ich entschuldigte mich bei Fitch und legte das Ding an, beim Versuch der Assistentin, ihn auf die Liege zu platzieren, fiel er fast vom Tisch und ich bekam keine Luft mehr. Mir liefen die Tränen, leise und still saß ich auf meinen Platz am anderen Ende des großen Raumes, ich durfte ihm nicht die Pfote halten… ich versuchte ihm durch Flüstern mitzuteilen, dass ich da bin, und er keine Angst haben soll. Nachdem die Untersuchung beendet war, traf mich die Diagnose wie ein sehr fester Schlag ins Gesicht, in den Bauch…ins Herz.


„Der kleine Mann hat einen Tumor an der Milz. Herz und Lunge sehen gut aus, da hat Ihnen meine Kollegin zu viel Angst gemacht. Sie haben jetzt drei Möglichkeiten:


  1. er ist glücklich und macht auch so einen guten Eindruck. Wir können ihn jetzt hier einschläfern und ihn ohne Schmerz und Leid gehen lassen.

  2. …sie nehmen ihn mit nach Hause. Aber aufgrund der Flüssigkeit, wird es nicht lange dauern bis er gehen wird. Wahrscheinlich wird der Tumor platzen, sofern dies noch nicht geschehen ist und er wird verbluten oder andere unschöne Dinge werden passieren.

  3. …wir operieren. Wenn der Tumor gut ist, schaffen wir somit Wochen, Monate oder sogar Jahre. Wenn der Tumor nicht gutartig ist, und wir alles entfernen können, sind es vielleicht Wochen. Das Würde ungefähr 1500€ kosten.

Ich lasse Ihnen kurz Zeit zum Überlegen.“


Im Nachhinein, hätte ich mich für meine Variante 4 entschieden. Ich hätte meinen geliebten Fitchmann, mit nach Hause genommen. Er hätte sich durch unseren Kühlschrank fressen dürfen und am nächsten Tag, hätte ich, wie bei meiner Luni einen Tierarzt angerufen, und er hätte in meinen Armen Einschlafen können.


Ich entschied mich aber für die OP – es gab eine Chance, auch wenn diese sehr klein war, das alles wieder gut werden könnte, eine minimale Chance war da, mehr brauchte ich nicht.


Aufgrund der verfluchten COVID-19-Situation durfte ich meinen lieben Fitch allerdings nicht mit in Narkose legen. Ich durfte nicht dabei sein, alles Bitten und auch Betteln half nichts. Eine der Assistenten, wollte mit ihm dann direkt verschwinden, doch ich bat darum Ihm auf Wiedersehen zu sagen. Ich nahm meinen kleinen Fitch den Maulkorb ab, drückte ihn und sagte, er solle tapfer und artig sein, wie sehr ich ihn liebe und das ich heute Nachmittag wieder komme um nach ihm zu sehen und ihn dann bestimmt auch mitnehmen kann. Ich versprach, dass er Ausnahmsweise in meinem Bett liegen darf und dass Papi und mein Töchterchen ihn auch verwöhnen werden. Und dann ging er mit der Frau mit. Einfach so. Ohne sich umzudrehen ging er mit, ganz brav.


Zwei Stunden später klingelte mein Telefon. Die Tierklinik. Die Tierärztin schilderte mir die Situation. Die Metastasen haben bereits gestreut – die Lebenserwartung auch mit einer OP würde bei maximal Tagen liegen. Tage, indem Fitch nicht nur mit dem Tumor kämpfen würde, sondern auch mit den OP-Schmerzen. Ich entschied ihn schlafen zu lassen. Eine Entscheidung die mein Herz gebrochen hat, denn ich war nicht da. In seinen letzten Stunden war ich nicht da. Ich bete zum Himmel, dass das Personal in der Tierklinik lieb zu ihm waren und er mir irgendwann verzeihen wird, dass ich mich so entschieden habe.

Nachdem ersten Schock, einen Zusammenbruch mitten im Flur und unendlichen Tränen, fasste ich mich und hielt mein Versprechen, dass ich ihn am Nachmittag aus Nürnberg abholen würde.

Mein lieber Fitch, ich kann es nicht in Worte fassen, vielleicht weil ich es auch noch nicht verstanden habe. Ich vermisse dich so unendlich, du fehlst uns so unendlich. Deine kleine Menschenschwester, hat erst gestern wieder versucht heimlich ein Stück Würsten unter den Tisch zu schmuggeln, damit du es schnappen kannst und auch dein Hundepapi, starrt mit Tränen in den Augen, auf deine Plätze hier im Haus. Wir reden viel über dich, über Luni. Wir vermissen Euch so sehr. Ich möchte, dass du weißt, dass ich dich über alles liebe und alles versucht habe, damit unser Weg hier noch nicht endet.

Eine liebe Freundin schrieb mir diese kleine Geschichte:

„Ich hoffe dieser Text hilft dir etwas den Schmerz zu nehmen Ich bin sicher, dass Fitch am Ende seiner Reise mit einer leeren Seifenblasenkiste ankommt. Bin in Gedanken bei Dir, es tut mir so leid.

Jedes Tier auf dieser Erde bekommt von Petrus zu seiner Geburt eine Kiste voll mit Seifenblasen geschenkt. Diese Kiste begleitet jedes von ihnen ihr gesamtes Leben lang, doch dieses Geheimnis kennen nur unsere geliebten Vierbeiner und Petrus. Die Kiste ist am ersten Tag noch bis zum Rand gefüllt und jedes Mal, wenn wir Menschen unserem geliebten Tier etwas Gutes tun, ihn mit so viel Liebe anschauen, dass es uns selbst im Innern schon weh tut, platzt eine der Seifenblasen.

Am Tage, an dem unser Freund den letzten Weg geht, auf dem wir ihn noch nicht folgen können, gelangt er an die Tür von Petrus und Petrus öffnet jede einzelne Kiste. Er sah schon Tiere, jung an Jahren die über die Regenbogenbrücke zu ihm kamen, noch nass vom Schweiß, die Striemen der Schläge noch deutlich zu erkennen, ein Bein gebrochen und als Petrus die Kiste öffnete, war diese noch randvoll mit Seifenblasen, nicht eine war geplatzt! Traurig berührte er das arme Geschöpf, heilte seine Wunden und ließ es ein in sein Reich... Er brauchte sich nicht die Mühe machen zu fragen, wie es dem Tier auf unserer Welt ergangen war.

Doch es gab auch Tiere, die im hohen Alter zu ihm kamen, zufrieden und doch mit einem traurigen Blick in den Augen, denn sie haben ihren Menschen zurücklassen müssen!! Und als Petrus diese Kisten öffnete, platzte in diesem Augenblick die letzte Seifenblase! Diese stand für die Tränen die der Freund auf Erden weinte, da er nach so vielen Jahren seinen treusten Freund verlor.. Zufrieden streichelte er unsere Vierbeiner und fragte sie, wie sie ihr Leben gelebt hatten. Diese schauten zurück zur Regenbogenbrücke und sagten, sie würden hier bei Petrus auf uns warten, denn das Leben an unserer Seite war voll von Harmonie und Glückseligkeit.

Petrus nickte, denn die Kiste, die nun leer vor ihm stand, spiegelte genau das wieder und auch sie ließ er ein in sein Reich, blickte herunter zu uns und lächelte, denn er wusste, dass eines Tages, genau an dieser Stelle unser geliebter Vierbeiner auf uns warten würde… Verfasser(unbekannt)“



Mein lieber Fitch, ich hoffe so sehr, dass du mit einer leeren Seifenblasenkiste an der Regenbogenbrücke angekommen bist. Du hast mich fast neun Jahre begleitet. Du warst immer bei mir, hast mir immer beigestanden, hast meine kleine Familie und mich beschützt und warst mein bester Freund. Wir hatten noch so viel vor. Der einzige Gedanke, der mir ein kleines Lächeln ins Gesicht zaubert ist, dass ich weiß, wie du mit meiner Luni über die Regenbogenbrücke rennst und ihr die Liebe schenkst, die du ihr immer geschenkt hast, wie du meinen Opi anstupst, wenn er das Streicheln aufhört. Ich hoffe das wir uns wiedersehen, lass mir aber noch ein bisschen Zeit. Bis dahin erinnere ich mich gern an unsere Zeit zurück. Kannst du dich noch an unsere erste Begegnung erinnern? Du warst schon sechs Monate, als ich dich gefunden hab. Als wir uns das erste Mal sahen, hast du dich wie selbstverständlich in meinen Schoß gesetzt. Mein geliebtes Hundekind, dieser Platz wird ewig nur dir gehören. Ich habe mir fest vorgenommen auch unsere kleine Geschichte hier aufzuschreiben. Unsere schönsten Erinnerungen festzuhalten. Nur brauche ich noch etwas Zeit. Nur ein bisschen mehr Zeit um mich zu sammeln. Ein bisschen mehr Zeit, bis der Druck von meiner Brust verschwindet.


Pass gut auf meine Luni und meinen Opi auf.


Ich liebe dich.









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